Andreas Scheuer, CSU, Verkehrsminister von 2018 bis 2021. Der Mann, der das Maut-Debakel zu verantworten hat. Voreilig Verträge unterschrieben, obwohl längst klar war, dass das Projekt rechtlich auf wackligen Beinen stand. Ergebnis: Gerichte kippen die Maut, der Steuerzahler blecht rund 560 Millionen Euro. Politische Verantwortung? Glasklar. Juristische Konsequenzen? Null. Nicht mal ein Kratzer am Lack. Willkommen im deutschen Rechtsstaat.
Weisungsgebundene Justiz
Offiziell prahlt Deutschland mit Gewaltenteilung. In Wahrheit sind Staatsanwaltschaften weisungsgebunden – sprich: der Justizminister kann im Zweifel entscheiden, was verfolgt wird und was nicht. Und genau hier liegt der Haken. Ein Minister, der über die Ermittlungen gegen einen Minister entscheidet – das ist kein Rechtsstaat, das ist ein schlechter Witz. Nicht umsonst wird Deutschland dafür seit Jahren von GRECO (Europarat) kritisiert. Fast alle anderen EU-Staaten haben diese mittelalterliche Konstruktion längst abgeschafft. Nur in Berlin hält man daran fest – aus gutem Grund: es schützt die Mächtigen.
Das Vertrauen ist sogar international verspielt: 2019 entschied der Europäische Gerichtshof, dass deutsche Staatsanwaltschaften keine Europäischen Haftbefehle mehr ausstellen dürfen. Begründung: Sie gelten als nicht unabhängig, weil die Politik jederzeit eingreifen kann. Ein Schlag ins Gesicht für die deutsche Rechtsstaatsrhetorik – und ein Beweis, dass selbst Europas Partner den hiesigen Ermittlern nicht trauen.
Zweierlei Maß
Für den Normalbürger gilt: Schon Bagatellen werden gnadenlos verfolgt. Steuerfehler, Falschangaben, Kleinkriminalität – da fährt die Justiz die volle Breitseite auf. Bei Politikern dagegen? Cum-Ex, Wirecard, Maut-Debakel – alles Skandale im Milliardenbereich, und keiner wandert in den Knast. Nicht einmal eine ernsthafte Anklage. Wer da noch von Gleichheit vor dem Gesetz spricht, sollte dringend die Brille putzen.
Das Parteienprivileg (§ 129 StGB Abs. 3)
Nach § 129 StGB können Gruppen als kriminelle Vereinigung eingestuft werden, wenn sie auf Straftaten ausgerichtet sind. Klingt logisch. Doch dann kommt Absatz 3 – die juristische Lebensversicherung der politischen Klasse: Parteien sind ausgenommen. Selbst wenn eine Partei faktisch wie eine Mafia-Struktur funktioniert, bleibt sie straffrei, solange sie nicht vom Bundesverfassungsgericht verboten wurde. Und wir wissen: Ein Parteiverbotsverfahren ist politisch so gut wie unmöglich.
Das Ergebnis: NGOs und Bürgerinitiativen können schon bei ein paar zugespitzten Chatnachrichten als kriminelle Vereinigung verfolgt werden. Parteien dagegen genießen Narrenfreiheit. Kritiker sprechen zurecht von einer rechtsstaatlich fragwürdigen Sonderbehandlung, die mafiöse Strukturen innerhalb der Politik schützt. Befürworter murmeln etwas von „Schutz vor Politisierung des Strafrechts“. Faktisch heißt es: Für uns gilt das Strafrecht nicht.
Systemische Immunität
Deutschland verkauft der Welt das Bild eines vorbildlichen Rechtsstaats. Die Realität: eine Justiz, die auf Linie gehalten wird und Parteien, die sich per Gesetz selbst immunisiert haben. Historisch passt das ins Bild: Von Weimar bis heute – die Justiz war in Deutschland selten unabhängig, meist ein williger Helfer der jeweiligen Macht. Der Fall Scheuer ist also kein Ausrutscher, sondern ein Symptom. Ein Systemfehler mit Tradition.
Fazit
Andreas Scheuer hat Millionen verzockt, und der Steuerzahler darf zahlen. Die Justiz schweigt. Nicht, weil sie nichts wüsste, sondern weil sie nicht darf – oder nicht will. Das ist kein Rechtsstaat, das ist Theater. Eine Bühne, auf der die Kleinen verurteilt werden und die Großen über den roten Teppich marschieren.
Die entscheidende Frage ist nicht, ob Scheuer jemals belangt wird. Die Frage ist, ob Deutschland jemals eine echte Gewaltenteilung bekommt – oder ob wir weiter in einem Land leben, in dem die Justiz die verlängerte Hand der Politik bleibt.
„Wenn selbst Europa Deutschland misstraut, warum sollten es die eigenen Bürger nicht auch tun?“