Dr. Michael Nehls fordert im EU-Parlament eine Neubewertung: Lithium gehört in die Ernährung – nicht nur in die Psychiatrie.
Lithium hat seit Jahrzehnten einen festen Platz in der Psychiatrie: In hohen Dosen wird es als Medikament gegen bipolare Störung verschrieben, hochwirksam, aber mit Nebenwirkungen behaftet. Doch diese Perspektive greift zu kurz. Denn in niedriger Dosierung verhält sich Lithium nicht wie ein Medikament, sondern wie ein essentielles Spurenelement.
Darauf wies Dr. Michael Nehls jüngst in einer Rede vor dem EU-Parlament hin. Seine Kernbotschaft: Lithium ist für das Gehirn, was Kalzium für die Knochen ist – lebenswichtig, aber bislang völlig unterbewertet.
Studien der letzten Jahre zeigen, dass selbst sehr geringe Mengen Lithium das Nervensystem stabilisieren, die Stimmung verbessern und das Risiko neurodegenerativer Erkrankungen wie Alzheimer senken können. In Regionen, in denen Trinkwasser von Natur aus lithiumhaltig ist, sind Depressionen, Demenz und Suizide seltener. Lithium wirkt offenbar als stiller Schutzfaktor für das Gehirn – ohne die Risiken der hohen Medikamentendosierungen.
Trotzdem gilt Lithium in der EU bislang ausschließlich als Arzneimittel. Für Nehls ist das eine fatale Fehleinschätzung. Seine Forderung: Die EU-Kommission müsse die EFSA (European Food Safety Authority) beauftragen, Lithium offiziell als Spurenelement zu prüfen und eine empfohlene Tagesdosis festzulegen. Nur dann könne Lithium auch über Nahrungsergänzungsmittel oder gezielte Ernährung in der Breite wirksam werden.
Für Nehls ist klar: Lithium wurde jahrzehntelang ignoriert, weil es billig, frei von Patentschutz und für Konzerne wirtschaftlich uninteressant ist. Doch gesundheitlich könnte es ein Gamechanger sein – ein „vergessenes Puzzlestück“, das Millionen Menschen geistige Stabilität und Schutz im Alter bieten könnte.
Shortlist: Was jetzt geschehen müsste
- EFSA-Anhörung: Prüfung von Lithium als Spurenelement mit Festlegung einer täglichen Referenzdosis.
- Ernährungsempfehlungen: Aufnahme in nationale Leitlinien für Gehirn- und Nervengesundheit.
- Supplement-Zulassung: Freigabe von niedrig dosierten Präparaten (z. B. 0,2–1 mg/Tag).
- Regionale Mangelanalyse: Identifizierung von Gebieten in Europa mit besonders lithiumarmem Trinkwasser.
- Aufklärung: Öffentlichkeitskampagnen über die Rolle von Lithium als „neuronale Nahrung“.
Infokasten: Lithium in Alltag und Ernährung
- Empfohlene Tagesdosis (geschätzt): 0,5–1,0 mg Lithium (nicht zu verwechseln mit Medikamentendosen von 200–1.000 mg).
- Natürliche Quellen: Vor allem Meeresfisch, Meeresfrüchte und Algen; außerdem bestimmte Mineralwässer aus lithiumhaltigen Quellen, etwa das bekannte Fachinger Heilwasser.
- Regionale Unterschiede: In Südamerika und Asien oft höherer Lithiumgehalt im Wasser, in Mitteleuropa dagegen meist sehr niedrig.
- Sicherheit: Gering dosiertes Lithium gilt als nebenwirkungsarm und ist in Studien mit positiven Effekten auf Stimmung, Gedächtnis und Langlebigkeit verbunden.
Fazit
Lithium ist mehr als ein Medikament. Als Spurenelement könnte es der Schlüssel zu besserer psychischer Gesundheit und wirksamer Prävention von Demenz sein. Dr. Nehls hat das Thema auf die europäische Bühne gebracht – jetzt liegt es an der Politik, die Weichen zu stellen. Statt Lithium weiter im Schattendasein der Psychiatrie zu belassen, könnte Europa hier Vorreiter einer präventiven Gehirngesundheitspolitik werden.